Samstag, 7. Juni 2014

Buchtipp: Making is connecting

Guten Abend!

Vor einiger Zeit hatte ich das Bedürfnis, Literatur über D.I.Y. zu finden, wohl ein Stück weit, um mich mir selbst zu erklären, um zu sehen, ob es Leute gibt, die ausformuliert haben, warum es so faszinierend ist, etwas selber zu herzustellen. Und ich wurde fündig bei "Making is connecting" von David Gauntlett.

In der ersten Hälfte des Buches werden die geschichtlichen Hintergründe und allgemeinen Vorzüge des  Selber-Machens vorgestellt: Etwas selber zu herzustellen ist eine Art, mit den Händen zu denken, Köpfchen und Körper arbeiten als Einheit zusammen. Wer etwas selbst herstellt, kommt zu einem tieferen Verständnis über die Dinge um sich herum. Wer z.B. ein Kleid näht, auch wenn dies nach Anleitung geschieht, durchläuft einen ganzen Prozess vom Recherchieren und Planen ("Was für ein Kleid soll es sein? Was passt zu mir? Welche Varianten gibt es? Welche Arbeitsschritte braucht es?") über das Lösen kleiner und grösserer Probleme ("Wieso passen diese Teile nicht zusammen?) bis zur Fertigstellung und der Freude am Ergebnis oder zumindest an allmählichen Lernfortschritten. Die so hergestellten Dinge können auch als eine Art, sich selbst auszudrücken, gesehen werden. Dabei ist es auch nicht weiter schlimm, sondern sogar erwünscht, wenn nicht alles perfekt und nach Hochglanz aussieht. So entsteht das Gefühl, fähig zu sein und die eigene Umwelt gestalten zu können. Darüber hinaus nimmt man sich Zeit und konsumiert nicht blind. Wenn mehrere Menschen so handeln, kann das sogar einen gesellschaftlichen Einfluss haben. Aber dazu braucht es natürlich ein Gefühl von Gemeinschaft.
Die zweite Hälfte befasst sich darum damit, wie Handarbeit (im weitesten Sinne) die Leute verbindet und welche Rolle das Internet dabei spielen kann. So ist es z.B. enorm hilfreich, wenn es darum geht, Gleichgesinnte zu finden (Wo wäre die Lolita-Community ohne das Internet?) oder sich Inspiration und konkrete Tipps zu holen. Wer z.B. einen Blog schreibt, hat darüber hinaus die Möglichkeit, seinen Gedanken und Projekten Raum zu geben, direkte Feedbacks zu bekommen oder (z.B. bei Tutorials) anderen Leuten weiterzuhelfen.

Klingt wahnsinnig gut, nicht? Tatsächlich fühlte ich mich während dem Lesen immer wieder, als würde mir jemand zustimmend auf die Schulter klopfen. Das Buch war (neben den Ermutigungen von Freunden) auch ein Grund, weshalb ich meinen Blog endlich öffentlich gemacht habe. Das Buch ist für einen theoretischen Text darüber hinaus sehr leicht verständlich zu lesen (vorausgesetzt, man liest gerne englisch). Auch verweist es auf viele weitere Bücher zum selben Thema.
Es gibt wenig, was ich an diesem Buch auszusetzen habe. Zum einen fand ich die erste Hälfte spannender als die zweite; sie interessierte mich schlicht vom Thema mehr, war aber auch weniger ausschweifend. Was mich allerdings wirklich ärgerte, waren einige Seitenhiebe gegen die "schönen Künste". Die Leute, so meint Gauntlett, finden Basteln zu Unrecht weniger seriös, hip oder anspruchsvoll als Kunst machen. Das mag sein, obwohl ich bei vielen Leuten überhaupt nicht den Eindruck habe. Leider fällt ihm nichts Besseres ein, als zu betonen, wieso in Wirklichkeit Kunst doofer als D.I.Y. ist. Wieso werden diese beiden Dinge gegen einander ausgespielt? Es gibt viele Beispiele von Kunstschaffenden, die gerade damit arbeiten, Menschen zu verbinden und oft auch Handarbeitstechniken dabei einsetzen. Diese "Kunst-Kritik" spielt im Buch aber keine zentrale Rolle, deshalb möchte ich sie auch nicht überbewerten, denn abgesehen davon kann ich das Buch sehr empfehlen.

Alles Liebe
Eta Carina

P.S.: Passend zur Botschaft des Buches gibt es übrigens auch eine Internetseite:
http://www.makingisconnecting.org




Good evening to you

Sometime ago I was in search of literature about D.I.Y., maybe to explain to myself why I am so fascinated about doing things myself. I wondered if somebody had found some fine words about this topic. And it turned out David Gauntlett had in his book "making is connecting".

The first half of the book is about the history and general benefits of crafting: When you do something yourself it's like thinking with your hands, mind and body work together. This leads to a deeper understanding of the things around you. If, for example, you are sewing a dress, even if you follow an instruction, you go through a whole process from researching and planning ("What kind of dress do I want? What would fit best? What varieties are there? Which steps do I have to take?") to problem-solving ("why don't those parts fit together?) until you can enjoy the result, or at least the progress you made. Things produced like this can also be seen as some form of self-expression. And it isn't that bad or even welcome if things don't look all perfect and shiny. This leads to a general feeling of competence and the ability to shape your environment. Moreover, you take time for yourself and don't consume blindly. If a lot of people think and act like that, this might even have a social or political impact. But of course, they need to have a feeling of community.
That's why the second half deals with how crafting can get people connected and how the internet can be of a great help here. It is enormously helpful for finding like-minded people (where would the Lolita-community be without the internet?) or finding finding inspiration and help. Furthermore, Blog-writers have the possibility to give room to their thoughts and projects, get feedback or create help for others as well (e.g. via tutorials).

This all sounds amazing, doesn't it? Indeed I felt like someone was repeatedly giving me encouraging taps on the shoulders while reading. Actually, besides compliments from friends, this book was one of the reasons for telling others about my blog. For a theoretical text, this book is very easy to read. You will also find a lot of recommendations for further reading.
There is only little to criticize. Personally, I found the first half more exciting and also more focussed. But what really annoyed me where some side blows against the so called fine arts. Gauntlett finds that most people unfairly judge crafting as inferior to arts because they think it's less serious, hot or ambitious. Sadly, the only solution Gauntlett seems to see is to complain that in truth art is inferior to crafting. Why are these things presented as opposites? There are many examples of artists who seek to connect and empower people, sometimes even through crafting. But luckily, this "art-critique" is only a minor part of the book. Apart from that I can really recommend it.

Love
Eta Carina

P.S.: Suitable to its own message, there is also a website to the book:
http://www.makingisconnecting.org



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