Es ist wieder mal Kamillentee-Zeit (Bedeutet: Ich bin erkältet). Trotzdem habe ich endlich meine Kleidung für Kandersteg fertig genäht. Und zumindest das ist doch schon ein Grund zur Freude.
Der Schnitt
Nach einer recht langen Recherchephase hatte ich mich für einen Schnitt aus dem Buch "59 Authentic Turn-of-the-Century Fashion Patterns" von Kristina Harris entschieden. Das Modell stammt aus dem Jahr 1890. Es handelt sich, wie übrigens die meisten Damenkleider, die man aus der Zeit sieht, nicht um ein richtiges Kleid! Stattdessen besteht das Outfit aus einem Oberteil, der sogenannten Taille und einem Rock, die aber eine Einheit bilden. Das Schnittmuster, an dem ich mich orientierte, hat enganliegende Ärmel, kleine Puffärmel und einen Stehkragen. Die Brustpartie ist gerüscht, der Rock besteht aus einem ebenfalls gerüschten Oberrock und einem dunkleren Unterrock. Dazu trägt die Frau im Bild einen V-förmigen Gürtel, der aber im Schnittmuster nicht vorkommt.
Das Schnittmuster musste ich von Hand vergrössern. Ich hielt es für schlauer, erst mal ein Probestück aus Reststoffen zu nähen und damit zu prüfen, wie alles passte.
Vorlage |
Schnittmuster zeichnen |
Das Modell |
Dabei stellte ich fest, dass das Oberteil etwas kurz war. Also verlängerte ich es. Es war ausserdem gegen unten zu weit, aber das merkte ich erst später. Ich fand das Oberteil auch etwas zu wuchtig, deshalb nahm ich Spitzenstoff für die Puffärmel, die ich etwas hochraffte, damit sie noch zierlicher aussahen.
Vorderseite
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Rückseite
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Ärmel
Einzelteile der Ärmel |
Oberärmel |
Der Rock
Der Rock besteht aus zwei schmalen Seitenteilen, einem eher breiten Vorderteil und einem seeehr weiten Rückenteil, das zusammengerafft wird. So hat man hinten noch mehr Volumen, was die S-förmige Silhouette unterstützt, die zu der Zeit angesagt war.Anfangs wollte ich den Rock ebenfalls mintfarben machen. So hätte das Ganze auch mehr wie aus einem Guss gewirkt. Auch bei meinen Beispielen aus der Recherche waren jeweils Rock und Taille Ton in Ton. Aber jedesmal, wenn ich die Stoffe um mich wickelte, um mir das Endprodukt besser vorstellen zu können, gefiel mir der petrolfarbene Stoff einfach besser. Ich verzichtete auch auf eine zweite Rockschicht. Dafür nähte ich Biesen und eine grosse Rüsche an.
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Alles Liebe und vielleicht bis in Kandersteg
Eta Carina
P.S.: Einige Worte zur Silhouette
Ich habe einige Zeilen weiter oben schon die S-Silhouette angesprochen, die von der Mode während der Belle Epoque angestrebt wurde: Brust und Gesäss bilden ausgeprägte Kurven, während der Bauch möglichst flach sein soll. Zusätzlich soll die Taille möglichst schlank daherkommen, die Hüfte sind ausladend. Bekanntlich wurde dies durch ein Korsett erreicht. Ich habe lange hin und her überlegt, und bin schliesslich zum Schluss gekommen, zumindest für dieses Mal darauf zu verzichten. Abgesehen von meinen Bedenken, ob ich das Abendessen so geniessen könnte, stand auch ausser Frage, dass ich mir schnell-schnell ein gutes Korsett hätte nähen können. Eines kaufen wollte ich auch nicht, da ein heutiges Korsett der damaligen Form auch nicht genau entspricht. Kurz gesagt: Korsette sind eine Welt für sich und würden eine vertiefte Auseinandersetzung brauchen.
Good evening my dears
It's camomile tea season again (means I have a cold). Nevertheless I finally finished my dress for Kandersteg. And now, that's a reason to be happy.
The cut
After researching for quite some time I decided for a cut from the book "59 Authentic Turn-of-the-Century Fashion Patterns" by Kristina Harris. It's a ladies' costume from 1890. Like most costumes from the Belle Epoque, this isn't a real dress! It's a separate bodice and a skirt, which looks like one single dress. The pattern I used has narrow sleeves, small puff sleeves and a high collar. The breast part is ruffled, as is the upper part of the skirt (there's a darker underlying skirt too). The woman on the illustration also wears a v-shaped belt, but this wasn't part of the pattern.
I enlarged the pattern by hand. As I wasn't sure how it would fit, I first made a test piece from leftover fabric. The test bodice was actually a bit too short. It was also too wide at the bottom, but I only noticed that later. Moreover the puff sleeves where too bulky for my taste, so in the final bodice I used lace fabric and sewed them higher up than usual to make them even smaller.
The skirt
The skirt consists of two narrow side parts, a wide front part and a veeeery wide back part, gathered together. Like this the back part becomes more voluminous, which helps to achieve the S-bend silhouette, which was fashionable at the time.
Initially I wanted the skirt to be mint-coloured, like the bodice. This would have helped creating the illusion that the whole thing was only one piece. All the examples from my research seem to be of one colour as well. But every time I would wrap the fabrics around me to see how the end product would look, I just preferred the darker fabric. I also left out the second layer of the skirt, but sewed some tucks and a big ruffle instead.
I think of my costume as a rather formal dinner dress; too shiny for wearing it at day, but very modest. I'm feeling a little bit insecure, because this period is all new to me, but I like the result quite well. Now I still have to sew a petticoat, to get a fuller skirt. I'm also combing through the shops for adequate accessories. I'm really curious how the whole outfit will turn out by the end of the week!
All the best and maybe see you at Kandersteg
Eta Carina
P.S.: A few words about the silhouette
A few lines above I was talking about the S-bend silhouette, which women of the Belle Epoque where trying to achieve: Breast and bottom where emphasized while the belly was supposed to be flat. The waist was very slim, while the hips where wide and round. Of course this was achieved by wearing a corset. I thought about it long and hard and decided, at least for now, against wearing a corset. Besides worriyng if I could enjoy dinner I simply wouldn't have had the time to make a good corset (or even boning for the bodice) in such a short time. I also didn't want to buy one, because not every corset gives the "right" shape. In short, corsets are a whole universe in themselves and I didn't feel like I could "dive" into it just now.